Meinung von Maik Faßbender

Mit 11 zu 6 Stimmen hat sich der Haupt- und Finanzausschuss der Gemeinde Niederkrüchten am 2.3 gegen die Freibadsanierung ausgesprochen und den Weg für ein interkommunales Hallenbad frei gemacht.

Wer neue Informationen zu der Frage des interkommunalen Bäderbetriebes, eines vereinsunterstützten Freibades oder neue kostensenkende Ideen zu den altbekannten Berechnungen der Verwaltung erwartete, wurde enttäuscht. Die Entscheidung wurde aber dennoch getroffen.
Neu hingegen waren die Zahlen für das interkommunale Brimges-Hallenbad. Wie bereits öffentlich vor einem Jahr angekündigt, gelang der Gemeinde in der Berechnung eine Punktlandung auf 1 Mio € berechneten Zuschussbedarf pro Jahr für beide Gemeinden.

Besonders clever waren die Verwaltungen auch bei der Auswahl des Planers. Wenig überzeugt vom Kombibad Am Kamp schien der vom Petitionsteam in mühevoller Arbeit gesuchte und gefundene Spezialist für funktionale und schlanke Hallenbäder aber gut genug zu sein für das Vorhaben des Brimges-Hallenbades.

Für die zwei Alternativen Kombibad Am Kamp und Freibad Am Kamp wurden die alten Excel-Tabellen aus 2019 lediglich noch einmal schlechter gerechnet. Ergänzt wurde die Vorlage noch mit einer selbst recherchierten Wetteranalyse für das Freibad. Dabei reicht ein Blick in die Benchmarks von Bäder-Gutachtern: 40-60 tausend Besucher ist die Bandbreite für ein attraktives Freibad (nach Altenburg/Heinsberg-Studie).
Während man bei den Investitions- und Folgekosten gerne einmal 50 Jahre in die Zukunft schaut, so blickte man für die zukünftigen Besucherzahlen in die Vergangenheit. In ein neues Frei- und Hallenbad kommen ja sehr wahrscheinlich weniger Besucher als 2016, oder nicht?
Für das interkommunale Brimges-Hallenbad orientierte man sich auf Nachfrage an den Zahlen des erfolgreichen Parkbades in Wassenberg. 70.000 zahlende Besucher, obwohl in drei Bädern (Elmpt, Brüggen und Bracht) zusammen nur 38.000 zahlende Besucher kamen.
Ein Vergleich von Äpfeln mit Birnen, worst case gegen best case.

Die zwangsläufig zu erwartenden Kosten für die Sanierung und Erschließung des Brimges-Geländes blieben vollkommen unberücksichtigt. Da der Planer diese Kosten nicht beziffern konnte, blieb es im Gutachten bei einer Null. Eine später an die Verwaltung angefragte Grobkostenschätzung für Strom- und Wasserleitungen, Straßen, Wege, Ampelanlagen, Bushaltestellen oder Straßenbeleuchtungen wurde damit beantwortet, dass man die Kosten nicht schätzen kann. Somit fehlen auch die Kosten für den Abriss der Brimges-Ruine. Aber vielleicht wird das Hallenbad auch einfach neben die Brimges-Ruine gesetzt – für den angesagten Lost-Places-Look.

Für den Blick auf die nächsten 50 Jahre berechnete die Verwaltung, dass z. B. in das Außengelände des Freibades nach 15 Jahren erneut 500T € fließen müssten. Zudem vermutet sie einen Nachinvestitionsbedarf nach nur 10 Jahren für die gesamte Technik, obwohl bereits 1,5% laufende Instandhaltung angesetzt sind. Diese Annahmen decken sich in keiner Weise mit fachmännischen Berechnungen von Gebäude-Lebenszyklen und berücksichtigen nicht, dass die eingeplante reale Nutzungsdauer von Bauteilen in Gebäuden deutlich höher anzusetzen ist, als die reine Betrachtung von Abschreibungsfristen (siehe auch VDI 2067-1 und Katalog Bewertungssystem Nachhaltiges Bauen BNB). Es handelt sich halt nicht um Bürostühle, Dienstwagen und Computer, die mit hoher Wahrscheinlichkeit nach der Abschreibungsfrist komplett ersetzt werden, sondern auch um Rohre, Stromkabel und Schaltschränke, die sehr wahrscheinlich länger halten werden als 10 Jahre.
Im Ergebnis führte dies zu sehr hohen Langfrist-Berechnungen, die besonders das Frei- und Hallenbad Am Kamp durch die fehlende Kostenteilung massiv benachteiligen. Es ist zu erwarten, dass die Gemeinden die Kosten für die eingeplante Reinvestition niemals ausgeben werden. Wozu man auch 1,5% Instandhaltung vorsieht, obwohl bei funktionalen Bädern der Benchmark bei 0,6% liegt, bleibt ein Rätsel.

Keinerlei Beachtung fand das Thema Einnahmen und Kostensenkung durch alternative Betriebskonzepte. Und nachdem sich Brüggen weiterhin stoisch weigerte, sich in irgendeiner Weise solidarisch an dem Freibad zu beteiligen, wurden auch keine Gespräche oder Planungen für eine stärkere Beteiligung der Bürgerschaft geprüft. Außer einem Wahlkampfauftritt des Bürgermeisters während der Mahnwache und einer Videokonferenz saßen die Vereine zu keiner Zeit mit am Tisch. Und was interessiert die Brüggener Politik das Niederkrüchtener Freibad, wenn man doch das von Roermond bezuschusste und von vielen Freiwilligen betriebene Freibad De Bosberg in Swalmen vor der Haustür hat. Auf Kosten der anderen lebt es sich preiswert.

Ein Freibad steht im Sommer für beaufsichtigten Badespass für Jung und Alt. Ohne Freibad im Westkreis wird sich das sommerliche Chaos an unseren Naturseen nicht lindern lassen. Die Jugend will im Sommer irgendwo hin, wo sie sich treffen und abkühlen kann. Aber vielleicht gibt es ja bald einen interkommunalen Ordnungsdienst. Kostet auch nur die Hälfte. Hoffentlich muss dieser auch nur Müll aus den Seen fischen.

Große Teile von Politik und Verwaltung haben es sich sehr einfach gemacht, mit dem Corona-Totschlagargument die Freibaderneuerung zu verhindern. Neue Ideen und Lösungen für den Betrieb des Freibades mit 6000 Petitionsunterzeichnern im Rücken? Wurden noch nicht einmal erwähnt.

Man kann das Bürgerengagement durch die Petionsunterstützer öffentlichkeitswirksam noch so loben. Wenn im Hintergrund keine ernsthaften Bemühungen erkennbar sind, konstruktiv an einer Freibad-Lösung in verschiedenen Richtungen zu arbeiten, dann ist dieses Lob für das enorme Bürgerengagement nicht ernst gemeint, sondern zynisch.