Informationen zum Bürgerbegehren „START Freibadsanierung“ in Niederkrüchten

Ein Bürgerbegehren ist ein vom Gesetzgeber vorgesehenes basis-demokratisches Instrument auf kommunaler Ebene. Bürgerinnen und Bürger können so direkt politische Entscheidungen herbeiführen.

Es gibt zwei Arten des Bürgerbegehrens:

  1. Das Initiierende, mit dem etwas Neues erreicht werden soll, womit der Rat sich noch nicht beschäftigt hat bzw. seitens des Rates noch kein Beschluss vorliegt.
  2. Das Kassatorische, mit dem ein bereits erfolgter Ratsbeschluss „gekippt“ werden soll.

In beiden Fällen muss eine vorgeschriebene Anzahl von Unterschriften in der Bürgerschaft gesammelt werden. Ist dies erreicht, kommt es zu einem Bürgerentscheid. Wie bei einer Wahl werden nun alle Wahlberechtigten der Gemeinde aufgerufen, dafür oder dagegen abzustimmen. Der Bürgerentscheid ist erfolgreich, wenn 20% aller Wahlberechtigten beim Bürgerentscheid mit „Ja“ stimmen. Die Entscheidung ist bindend und muss wie ein Ratsbeschluss umgesetzt werden.

 

Wie gestaltet sich das im Fall „Rettet das Freibad Niederkrüchten“?       

Nachdem seitens der Gemeinde bekannt gegeben wurde, dass das Freibad nicht mehr geöffnet werden sollte, wurden 2018 über 6000 Unterschriften (3000 aus der Gemeinde)  für die Sanierung und Wiedereröffnung des Freibades gesammelt und dem Bürgermeister übergeben. Das Bürgervotum für den Freibaderhalt war eindeutig. Erst sah es so aus, als würden Politik und Verwaltung den Wunsch der Bürger ernst nehmen.  Doch mit dem Corona-Kosten-Totschlagargument wurden die Sanierungspläne für das Freibad schneller begraben, als kostensparende Alternativen wie ein Bürger-Freibad ernsthaft geprüft wurden. Anfang 2021 wurde während des Haupt- und Finanzausschusses die Nicht-Sanierung des Freibades beschlossen. Zu einer Ratsentscheidung kam es jedoch nicht. Das Grundstück für das interkommunale Hallenbad stand zwischenzeitlich nicht mehr zur Verfügung.

Die Bürgerinitiative reichte im Juni ein initiierendes Bürgerbegehren zur Sanierung des Freibades ein. Sie sammelte in kurzer Zeit über 2500 Unterschriften – doppelt so viele wie gefordert – und überreichte diese dem Bürgermeister.

Mit einem unfeinen Verfahrenstrick versucht die Verwaltung der Gemeinde aber zwischenzeitlich, das Bürgerbegehren für ungültig zu erklären und damit abzuwürgen. Noch während des laufenden initiierenden Bürgerbegehrens wurde die Nichtsanierung des Freibades durch den Rat beschlossen. Zum Start des Bürgerbegehrens sprach der Bürgermeister noch selbst davon, dass ein Bürgerbegehren nur initiierend starten könne. „Ein Bürgerbegehren zur Freibad-Sanierung würde sich aber nicht auf einen Ratsbeschluss beziehen“ war in der RP vom 26.06.2021 zu lesen. Seit dem anschließend herbeigeführten Ratsbeschluss vertritt er nun den Standpunkt, dass die Anforderungen für ein „kassatorisches“ Bürgerbegehren nicht mehr erfüllt seien. Ob dieser Trick der Verwaltung fruchtet, werden wohl die Gerichte klären müssen. Die Bürgerinitiative geht nach einer Rechtsberatung weiter von einer Zulässigkeit aus.

Da die Entscheidung über die Zulässigkeit aber erst in der Ratssitzung im Februar fallen soll, hat die Bürgerinitiative vorsorglich ein zweites – nun kassatorisch formuliertes – Bürgerbegehren angemeldet, damit die laufende Frist nicht verstreicht. Die Frist ist bis zur Fertigstellung der Kostschätzung gehemmt und läuft erst dann wieder weiter.

 

Eine große Sammlung von Presseartikeln zu den seit drei Jahren andauernden Bemühungen zur Rettung des Niederkrüchtener Freibads gibt es hier.

 

Unsere Antworten zu den Aussagen des Bürgermeisters Karl-Heinz Wassong in der Rheinischen Post vom 07.01.2022

RP : „Sollte Brüggen das Bad im integrierten Handlungskonzept verankern und Fördermittel erhalten, sei das keineswegs von Nachteil für die Gemeinde Niederkrüchten, meint Bürgermeister Kalle wassong (parteilos). Es verringere lediglich die notwendigen Eigenmittel aus dem Brüggener Haushalt. „Die Aussage, Niederkrüchten müsse nun fast doppelt so viel bezahlen wie Brüggen, ist daher so nicht richtig und greift möglichen Förderzu- oder absagen vor, die derzeit noch nicht seriös absehbar sind“, so Wassong.“

Unsere Antwort:
Wenn die Förderzusagen nicht seriös absehbar sind, dann stünden sie kaum in offiziellen Dokumenten der Gemeinde Brüggen.  Grundsätzlich wurde mit der Idee des interkommunalen Schwimmbads zwischen Brüggen und Niederkrüchten eine Kostenteilung vereinbart. Brüggen plant für den Entwurf des interkommunalen Bades mit Förderung aus dem integrativen Handlungskonzept anteilig 3,65 Mio € ein. Niederkrüchten hingegen 7 Mio €.
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RP BM: „Ich möche noch einmal darauf hinweisen, dass der Haupt- und Finanzausschuss bereits im März 2021 den Verzicht auf die Sanierung des Freibades beschlossen hatte.“ Insofern sei die Argumentation, diese Entwicklung sei zu Beginn des ersten Bürgerbegehrens nicht absehbar gewesen, schwer nachzuvollziehen.

Unsere Antwort:
Es wurde von uns nie behauptet, dass die Entwicklung nicht absehbar war. Das Problem besteht darin, dass die Unterschriftenlisten des Bürgerbegehren zum Startzeitpunkt nicht mit der von der Verwaltung später geforderten Auffassung des Rates hätte versehen werden können. Zum Zeitpunkt der Unterschriftensammlung gab es keinen Ratsbeschluss. Eine nachträgliche Veränderung der Unterschriftenlisten ist verboten.
Zum Zeitpunkt des Ratsbeschlusses lagen bereits über 1300 Unterschriften vor. Das Quorum war erreicht.

Interessant ist in diesem Zusammenhang auch die aktuelle Einlassung der Verwaltung, dass die bisherige Kostenschätzung für das neue Bürgerbegehren für ein kassierendes Bürgerbegehren nicht ausreichen würde: „Der Gemeinderatsbeschluss vom 9. November 2021 betrifft die Sanierung des Freibads insgesamt und beschränkt sich nicht auf die Sanierung von Technik und Becken.“ Eine neuerliche Sammlung mit einer geänderten Unterschriften hätte demnach nach Auffassung der Verwaltung kaum eine Zulässigkeit erlangen können.

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RP: Welchem Eindruck der Bürgermeister außerdem widerspricht: „ Auch halte nicht ich als Bürgermeister das Bürgerbegehren für unzulässig. Derartige Aussagen sind immer Einschätzungen der Verwaltung auf Grundlage anwaltlicher Beratung.“ 
Unsere Antwort:
Der Bürgermeister schreibt in seinem Schreiben offiziell als Bürgermeister und in erster Person „ich“. Somit darf davon ausgegangen werden, dass er nicht nur die Verwaltungsmeinung mitträgt, sondern diese auch selbst vertritt. Zitat aus dem Schreiben: „Nach meiner Auffassung erfüllt die mir vorliegende Begründung des Bürgerbegehrens auf der Unterschriftenliste diesen Anforderungen nicht.“
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RP: Dabei seien auch andere Förderprogramme, etwa zur Revitalisierung von Industriebrachen, für beide Gemeinden zu prüfen.
Unsere Antwort:
Diese Förderprogramme werden sich aber nicht auf die Investitionssumme des Bades, sondern auf die Kosten zur Folgenutzung der Brachfläche beziehen. Zu diesen Kosten wurden bisher keinerlei Angaben öffentlich gemacht.